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Eurokrise, Teufel und das Reich Gottes Your browser does not support the audio element. Predigt_Euro_Teufel_und_Reich_Gottes.mp3 Heiko Kuschel 6. November 2011 - 13:14

Predigt am drittletzten Sonntag im Kirchenjahr 2011

Schonungen, 6.11.2011

Text: Lk 11, 14-23
Und er trieb einen bösen Geist aus, der war stumm. Und es geschah, als der Geist ausfuhr, da redete der Stumme. Und die Menge verwunderte sich. Einige aber unter ihnen sprachen: Er treibt die bösen Geister aus durch Beelzebul, ihren Obersten. Andere aber versuchten ihn und forderten von ihm ein Zeichen vom Himmel. Er aber erkannte ihre Gedanken und sprach zu ihnen: Jedes Reich, das mit sich selbst uneins ist, wird verwüstet, und ein Haus fällt über das andre. Ist aber der Satan auch mit sich selbst uneins, wie kann sein Reich bestehen? Denn ihr sagt, ich treibe die bösen Geister aus durch Beelzebul. Wenn aber ich die bösen Geister durch Beelzebul austreibe, durch wen treiben eure Söhne sie aus? Darum werden sie eure Richter sein. Wenn ich aber durch Gottes Finger die bösen Geister austreibe, so ist ja das Reich Gottes zu euch gekommen. Wenn ein Starker gewappnet seinen Palast bewacht, so bleibt, was er hat, in Frieden. Wenn aber ein Stärkerer über ihn kommt und überwindet ihn, so nimmt er ihm seine Rüstung, auf die er sich verließ, und verteilt die Beute. Wer nicht mit mir ist, der ist gegen mich; und wer nicht mit mir sammelt, der zerstreut.

Liebe Gemeinde!

Ich weiß nicht, wie es Ihnen ging, als Sie diesen Predigttext gehört haben. Ich bin in Gedanken erst einmal an den Sätzen über das Reich, das mit sich selbst uneinig ist, hängen geblieben. Und musste natürlich an Europa und die aktuellen Probleme in der Eurozone denken. Ja: Jedes Reich, das mit sich selbst uneins ist, wird verwüstet, und ein Haus fällt über das andere. Hoffen wir mal, dass es nicht so weit kommt, dass Europa verwüstet wird, das vermutlich nicht. Aber dass die Uneinigkeit der Politiker dazu führt, dass Europa in große Schwierigkeiten gerät: Das auf jeden Fall.

Nun nimmt ja Jesus aber dieses Beispiel nicht für etwas „Gutes“, das vernichtet wird. Leider muss ich Ihnen sagen: Nicht nur in Europa ist zur Zeit alles ziemlich kompliziert, sondern auch in unserem heutigen Predigttext. Also fangen wir von vorne an. Jesus heilt einen stummen Menschen, der fängt wieder an zu reden. Schön! Freuen könnte man sich darüber. Es geht ihm gut! Er kann wieder sprechen! Aber nein, so sind wir Menschen nicht. „Zauberei!“ schreien einige. „Der muss mit dem Teufel im Bund sein!“ Anscheinend trauen sie dem Teufel mehr zu als Gott. Seltsam. Und mit dem Beispiel, das Jesus nun bringt, von dem Reich, das mit sich selbst uneinig ist, führt Jesus ihnen vor, wie unsinnig das ist. Egal, was hinter dieser Heilung steht – freuen können sie sich auf jeden Fall. Wenn Jesus tatsächlich den Teufel mit Beelzebul austreiben soilte, können sie sich freuen, denn das heißt ja: Das Reich des Teufels ist mit sich selbst uneins und dadurch gewaltig geschwächt. Die Aktien des Teufels fallen ins Bodenlose. Er ist pleite. Ist doch super.

Der nächste Satz von Jesus ist ein wenig rätselhaft, das gebe ich zu: „Wenn aber ich die bösen Geister durch Beelzebul austreibe, durch wen treiben eure Söhne sie aus? Darum werden sie eure Richter sein.“ Offenbar gab es zur Zeit Jesu noch mehr Menschen, die heilten und „Geister austrieben“, wie man das damals nannte. Aber eigentlich ist das für unseren Text auch gar nicht so wichtig. Jesus sagt nämlich weiter: Wenn ich nicht durch Beelzebul die Geister austreibe, dann muss es doch wohl in Gottes Auftrag sein – und dann ist das Reich Gottes zu euch gekommen. Hier ist es, da, wo ich bin! Ein Zeichen vom Himmel fordert ihr? Hier ist das Zeichen – ich bin es selbst! Schaut euch doch um: Lahme gehen, Blinde sehen, den Armen wird das Evangelium gepredigt. Hier, wo ich bin, da ist das Reich Gottes! Und das heißt dann auch: Dieses Reich des Teufels, von dem ihr immer redet: Das hat nicht gut Lachen. Denn Gott ist der Stärkere. Sein Reich ist angebrochen. Das Ende des Reichs des Bösen ist nahe.

Bleiben für uns noch zwei Fragen zu klären: Die eine: Gibt es den Teufel überhaupt? Und die andere: Wenn Gottes Reich schon damals angebrochen ist, warum merken wir auch 2000 Jahre später so wenig davon?

Erst einmal zum Teufel. Die Bibel redet davon so selbstverständlich, wie sie auch etwa von bösen Geistern redet, die Menschen befallen. In der damaligen Vorstellungswelt war das etwas völlig Logisches. Für uns scheint es irgendwie weit hergeholt. Wir tun uns ja manchmal schon schwer mit der Frage, ob Gott überhaupt existiert. Auf der anderen Seite: Das Interesse an Engeln ist in den letzten Jahren stark angestiegen. Gute, himmlische Mächte, die ein Auge auf uns haben: Ja, das sehen wir gerne. Ganz ganz viele Eltern suchen für ihre Kinder den Taufspruch aus: „Er hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen“. Aber böse Mächte? Da sträuben wir uns irgendwie. Das können wir nicht so annehmen.

Vielleicht müssen wir das ja auch nicht. Der „Teufel“ muss nicht unbedingt eine Person sein. Aber dass es das Böse gibt, das müssen wir zugeben. Und dass es eine ganz eigene Dynamik entwickeln kann, wissen wir alle. Wer hat sich nicht schon mal in einem ganzen Gebilde von Lügen verstrickt – ein ganz einfaches Beispiel. Viele Dinge sind aber viel komplexer und gar nicht so leicht zu durchschauen. Wir kaufen billige Klamotten im Angebot, weil wir uns ja die teuren Sachen gar nicht leisten können. Und irgendwie im Hinterkopf wissen wir schon, dass jemand anderes auf der Welt den Preis dafür bezahlt. Wenn wir ein T-Shirt für 4,95 kaufen, dann bedeutet das: Baumwollpflückerinnen in Indien, die für einen Hungerlohn 12 Stunden und mehr arbeiten und von den Pestiziden krank werden. Näherinnen, denen es nicht besser geht. Wenn wir E10 tanken in der guten Absicht, einen höheren Anteil Biosprit zu verwenden, kurbeln wir damit die Spekulation mit den Getreidepreisen an. Und irgendwo anders auf der Welt kann sich jemand das lebensnotwendige Getreide nicht mehr leisten und verhungert.

Sachzwänge, sagen wir gern. Die halten uns gefangen. Sie entwickeln fast schon so etwas wie eine eigene Persönlichkeit. Der Teufel? Ja, ich denke, so kann man das auch nennen.
Aber eigentlich dachte ich, dieser Teufel wäre mittlerweile besiegt. Sagt Jesus doch. Also unsere zweite Frage: Warum wird es nicht besser auf der Welt? War Jesus nur so eine Art Demoversion vom Reich Gottes? Hat er überhaupt etwas verändert?

Ja und nein. Ja: Er hat etwas verändert. Und nein: Es war doch erst einmal nur örtlich begrenzt. Wie viele hat er wohl geheilt? Lassen wir es ruhig 1000 Menschen sein. Und wie viele hätten seiner Heilung bedurft? Hunderttausende? Millionen? Wie viele bräuchten heute seine Heilung? Eher Milliarden, die auf ein menschenwürdiges Leben hoffen und denen es die teuflischen Lebensumstände nicht erlauben.

Also: Wo ist das Reich Gottes? Die Antwort darauf ist auch nicht so einfach, und irgendwie ist sie es doch: Es ist mitten unter uns. Da, wo wir es zulassen. Da, wo wir uns gegen die Einflüsse des Teufels stemmen, ob wir ihn nun als Person ansehen oder eher als etwas Abstraktes. Da, wo wir uns für eine gerechtere Welt einsetzen. Da, wo wir aufeinander achten. Da, wo wir Jesu Botschaft von Gottes Liebe weiterverbreiten. Zugegeben: Auch die Kirche hat da in den letzten 2000 Jahren manches falsch gemacht. Statt Liebe und Gerechtigkeit hat sie oft Macht, Angst und Unterdrückung verbreitet. Aber ich glaube: Wir sind heute auf einem guten Weg. Das Reich Gottes ist unter uns. Aber es ist nicht nicht vollkommen da. Das wird es erst am Ende der Welt sein. Auch, wenn das noch Tausende oder gar Milliarden von Jahren dauern sollte. Bis dahin lassen Sie uns daran arbeiten, dass es sichtbar wird unter uns.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere menschliche Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.


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Nachhaltig leben Your browser does not support the audio element. Predigt_Nachhaltig_leben.mp3 Heiko Kuschel 20. Oktober 2011 - 10:31

Predigt beim Schulanfangsgottesdienst der Landwirtschaftsschule Schweinfurt
Schweinfurt, 20.10.2011
Text: 1.Mose 2,15: Und Gott der HERR nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn bebaute und bewahrte.

Lieber Schülerinnen und Schüler der Landwirtschaftsschule, liebe Lehrerinnen und Lehrer!

Ein neues Schuljahr beginnt in diesen Tagen. Eine recht ungewöhnliche Schule ist das, in der Sie sich doch auch recht weitgehend in Ihrem Beruf spezialisieren. Auch wenn alles mit Landwirtschaft zu tun hat, werden Ihre Tätigkeiten später doch ziemlich verschieden sein. Eine gute Grundlage soll Ihnen der Schulbesuch hier geben – und möglichst sogar zum Meistertitel führen.


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Occupy Kirche! Your browser does not support the audio element. Occupy-Kirche.mp3 Heiko Kuschel 17. Oktober 2011 - 11:06

Eurokrise, Weltwirtschaftskrise, der Kapitaliusmus am Ende. Das sind die Nachrichten dieser Tage. Ob es noch einmal gelingen wird, das alte System zu retten? Möglicherweise. Aber ob das wirklich gut ist?

Seit vielen Jahren weisen kompetente Kritiker darauf hin, welche Ungerechtigkeit unser derzeitiges Weltwirtschaftssystem hervorruft. Die einen wissen gar nicht mehr, wohin mit ihrem Geld. Die anderen müssen zusehen, wie ihre Kinder verhungern, und können nichts, gar nichts, daran ändern.

Endlich wird aus dem Protest eine weltweite Bewegung. Occupy Wall Street war der Anfang. Es mag sein, dass die Forderungen der Menschen, die da auf die Straße gehen, viel zu unorganisiert und viel zu unterschiedlich sind. Es mag sein, dass manche der Forderungen auch gar nichts bringen oder alles nur noch schlimmer machen. Aber es ist ein Zeichen: So wie bisher, so wollen wir nicht mehr weitermachen. Nicht das Kapital ist das Wichtigste, sondern der Mensch. Wo das Kapital an erster Stelle steht, wird der Mensch nur noch zu einem Produktions- und Kostenfaktor. Und der ist dann möglichst klein zu halten. Unmenschliche Arbeitsbedingungen sind doch dann die logische Folge.


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Nichts ist unmöglich Your browser does not support the audio element. Predigt_nichts_ist_unmoeglich.mp3 Heiko Kuschel 16. Oktober 2011 - 11:29

Predigt am 17. Sonntag nach Trinitatis 2011
Schweinfurt/Leopoldina-Krankenhaus, 16.10.2011
Schonungen, 17.10.2011


Text: Mk 9, 17-27
Einer aber aus der Menge antwortet: Meister, ich habe meinen Sohn hergebracht zu dir, der hat einen sprachlosen Geist. Und wo er ihn erwischt, reißt er ihn; und er hat Schaum vor dem Mund und knirscht mit den Zähnen und wird starr. Und ich habe mit deinen Jüngern geredet, dass sie ihn austreiben sollen, und sie konnten's nicht. Er aber antwortete ihnen und sprach: O du ungläubiges Geschlecht, wie lange soll ich bei euch sein? Wie lange soll ich euch ertragen? Bringt ihn her zu mir! Und sie brachten ihn zu ihm. Und sogleich, als ihn der Geist sah, riss er ihn. Und er fiel auf die Erde, wälzte sich und hatte Schaum vor dem Mund. Und Jesus fragte seinen Vater: Wie lange ist's, dass ihm das widerfährt? Er sprach: von Kind auf. Und oft hat er ihn ins Feuer und ins Wasser geworfen, dass er ihn umbrächte. Wenn du aber etwas kannst, so erbarme dich unser und hilf uns! Jesus aber sprach zu ihm: Du sagst: Wenn du kannst - alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt. Sogleich schrie der Vater des Kindes: Ich glaube; hilf meinem Unglauben! Als nun Jesus sah, dass das Volk herbeilief, bedrohte er den unreinen Geist und sprach zu ihm: Du sprachloser und tauber Geist, ich gebiete dir: Fahre von ihm aus und fahre nicht mehr in ihn hinein! Da schrie er und riss ihn sehr und fuhr aus. Und der Knabe lag da wie tot, so dass die Menge sagte: Er ist tot. Jesus aber ergriff ihn bei der Hand und richtete ihn auf, und er stand auf. Und als er heimkam, fragten ihn seine Jünger für sich allein: Warum konnten wir ihn nicht austreiben? Und er sprach: Diese Art kann durch nichts ausfahren als durch Beten.

Liebe Gemeinde!

Ach, was wäre das schön, wenn Jesus jetzt hier wäre. Im Krankenhaus. Einmal durch alle Zimmer gehen, Hand auflegen, und schon sind sämtliche Ärzte, Krankenschwestern und was es da noch alles an Berufen gibt arbeitslos. Aber leider ist die Zeit, in der dieser außergewöhnliche Mensch durch die Gegend zog, schon zweitausend Jahre her. Und seine Jünger: Die haben's irgendwie nicht geschafft, es ihm nachzumachen. Das mit dem Heilen. Ich bin Pfarrer, einer der sozusagen Jesus nachfolgt. Aber auch ich kann das nicht: Jemanden nur durch Handauflegen und Gebet heilen. Ich kann vielleicht gut zuhören, vielleicht auch manches seelische Leid lindern. Aber einen Jungen von Epilepsie heilen wie hier oder einen Blinden oder Lahmen – nein, das kann ich nicht, und ich bin auch sehr skeptisch, wenn jemand von solchen „Wunderheilungen“ in unserer Zeit berichtet.

Auch im Kleinen kann ich auch nicht mehr als jeder andere, ob nun eiun Mensch an Gott glaubt oder nicht. Heute, gerade jetzt in dieser Minute, hat der Sohn einer Bekannten ein wichtiges Turnturnier. Ich kann auch nicht machen als Daumen drücken wie alle anderen auch. Aber vielleicht hilft es ihm ja zu wissen, dass andere an ihn denken. Vielleicht hilft es seiner Konzentration – aber mehr auch nicht.

Und doch sagt Jesus: „Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt.“ Eine steile These. Hab ich dann zu wenig Glauben? Müsste ich nur vertrauen, und schon könnte ich wahre Wunder vollbringen? Sind wir dann vielleicht gar selber Schuld, wenn wir krank sind, weil wir einfach nur zu wenig vertrauen?

Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt, sagt Jesus. Ja, dieser Jesus hat immer wieder ziemlich steile Thesen in die Welt gesetzt. Bei manchen seiner Sätze muss man einfach gestehen: Für uns Menschen sind seine Ansprüche nicht erreichbar. Der vollkommene Mensch, den Jesus uns vor Augen geführt hat, der können wir nicht sein. Wir können nicht im tiefsten, vollen Vertrauen auf Gottes Gnade so leben, dass wir im Einklang mit allem sind. Wir können nicht jederzeit alles „gut“ machen. Wir können nicht anderen immer nur in Liebe und Respekt begegnen. So sind wir nicht. Jesus wird ja sogar regelrecht zornig darüber, dass wir Menschen das alles einfach nicht auf die Reihe kriegen: „O du ungläubiges Geschlecht, wie lange soll ich bei euch sein? Wie lange soll ich euch ertragen?“ - so schimpft er, bevor er den Jungen von seinem „Geist“ - wir würden heute natürlich sagen: Von seinen epileptischen Anfällen – heilt.

Wir Menschen sind nicht vollkommen. Wir können gar nicht so sein, wie Gott uns wollte. Wir leben in einer unvollkommenen Welt, sind verstrickt in Ungerechtigkeit, Unwahrheit, die Suche nach dem eigenen Vorteil. In Krankheit und, ja, in den Tod.

Heute/morgen ist unter anderem Welternährungstag. Wir wissen, wie gut es uns hier geht. Vielleicht haben Sie davon gehört: Allein von dem, was in Europa an unverdorbenen Nahrungsmitteln weggeworfen wird, könnte man den Hunger aller Menschen auf der Welt zweimal stillen. Heute ist auch unser Partnerschaftssonntag mit Brasilien. Vielleicht haben Sie schon davon gehört, wie schwer die Situation der Menschen dort ist. Vielleicht haben Sie schon von der segensreichen Arbeit der Kinderkrippe Bom Samaritano gehört, die Kindern einmal täglich ein warmes Essen gibt und außerdem eine Heimat, einen Grundstein für eine Ausbildung. Viele andere Straßenkinder in Brasilien haben das nicht.
Oder wenn wir auf die Weltwirtschaft sehen: Milliardenbeträge werden da im Moment hin- und her geschoben. Beträge, die wir uns gar nicht mehr vorstellen können, ich jedenfalls nicht. Hunderte von Milliarden werden in die Rettung von Banken gesteckt. Mag sein, dass das nötig ist. Aber: Gerade mal 6 Milliarden Dollar wären nötig, um allen Menschen eine Schulbildung zu ermöglichen. 9 Milliarden, damit alle sauberes Wasser und Sanitäreinrichtungen haben. Letzteres ist weniger, als die Europäer jedes Jahr für Eiscreme ausgeben.

Ja, unsere Welt ist krank. Unsere Welt ist ungerecht. Wir, die Menschheit als Ganzes, haben es nicht geschafft zu teilen. Zu vertrauen. Füreinander zu sorgen. Im Kleinen wie im Großen.

Darum können wir eigentlich nur eines: Darauf vertrauen, dass dieser liebende Gott uns annimmt, wie wir sind. Mit unseren Fehlern und Schwächen. Mit unseren Zweifeln und Ängsten. Mit unseren Krankheiten, Behinderungen und Gebrechen.

Gott ist es, der diese Verstrickung manchmal aufbricht. Der dem epileptischen Jungen ein normales Leben schenkt. Der dem Blinden neue Perspektiven zeigt. Der dem Lahmen neue Wege schenkt. Der die verkrümmte Frau wieder aufrichtet und sogar einen Toten wieder zum Leben erweckt. Aber: Warum diese Menschen damals – und nicht ich? Warum dürfen die Heilung erfahren und ich liege hier im Krankenhaus und weiß gar nicht, wie es weitergeht?

Liebe Gemeinde, wir werden wohl damit leben müssen, dass unsere Welt nicht vollkommen ist. Dass wir nicht vollkommen sind. Dass unsere Art zu leben Ungerechtigkeit hervorruft. Dass wir nicht in vollem Vertrauen auf Gott leben können. Aber wir können mit der Hoffnung leben, dass dieser liebende Gott, der damals heilend eingegriffen hat ins Leben dieser Menschen, dass dieser liebende Gott auch für uns eine Zukunft bereithält. Eines Tages. Dass er uns zu sich holt. In sein Reich, in dem es keine Krankheit, keine Schmerzen und auch keinen Tod gibt. Das jedenfalls hat uns Jesus versprochen.

Aber in der Zwischenzeit, bis es soweit ist, lassen Sie uns nicht einfach resignierend die Hände in den Schoß legen. Lassen Sie uns an dieser besseren, gerechteren, friedvolleren Welt arbeiten, wo wir es können. Auf der ganzen Welt sind heute Menschen gegen die Ungerechtigkeiten der Finanzmärkte auf die Straße gegangen und haben sich eingesetzt für mehr Gerechtigkeit in der Welt. Aber auch im Kleinen können wir vieles tun: Kranke besuchen. Mit unseren Mitteln heilen, was wir heilen können. Fair gehandelte Produkte unterstützen, wo es uns möglich ist. Oder einfach mal einem Jungen die Daumen drücken, weil es ihm gut tut.

Ich glaube, dass wir da noch viel bewegen können. Ein steiler Satz von Jesus ist es, den er hier gesagt hat. Aber er macht mir Mut: Alles ist möglich dem, der da glaubt.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere menschliche Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

 


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Gibt's hier eigentlich noch Christen außer mir? Your browser does not support the audio element. Gibts_hier_noch_Christen.mp3 Heiko Kuschel 23. September 2011 - 20:07

Ganz Deutschland ist von Kirchengegnern besetzt. Ganz Deutschland? Nein: Ein kleines, völlig gestriges Häuflein Kirchentreuer lädt einen alten Mann namens Papst ein, sie zu unterstützen – gegen den Willen der überwältigenden Mehrheit der Deutschen.

Diesen Eindruck konnte man jedenfalls gewinnen, wenn man in den letzten Wochen die Medien und vor allem auch Twitter verfolgte. Fast bekam ich als evangelischer Pfarrer schon ein schlechtes Gewissen, dass ich andere mit meiner christlichen Botschaft belästige. Was einem da an Häme und Feindschaft entgegenschlug, war teilweise wirklich nur noch schwer zu ertragen. Nein, ich habe wirklich nichts gegen eine – durchaus auch heftige – Auseinandersetzung um Glaubensfragen und um Fragen der Ethik, der Kirchengeschichte und was weiß ich. Aber mit Menschen, die meinen Glauben lächerlich machen, ist es sehr schwer zu diskutieren.


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Papstbesuch: Ökumene gibt's woanders. Your browser does not support the audio element. Papstbesuch.mp3 Heiko Kuschel 20. September 2011 - 12:47

Eines meiner wichtigsten Anliegen ist die Ökumene. Nicht nur evangelisch-katholisch, sondern die Arbeit an der Verständigung zwischen den verschiedensten Konfessionen. Ich finde es ganz fantastisch, dass bei der Nacht der Offenen Kirchen nun auch die evangelisch-methodistische Kirche dabei ist, neben der doch ungleich größeren römisch-katholischen und meiner evangelisch-lutherischen. Und der Mensch, mit dem ich im Bereich meiner Citykirchenarbeit am engsten zusammenarbeite, ist mein direkter katholischer Kollege, Günter Schmitt. Jeden Freitag spielen wir zwei die ökumenischen Ochsen, spannen uns selbst vor unsere (ökumenisch finanzierte) Wagenkirche und ziehen sie schwitzend und schnaufend durch die Schweinfurter Innenstadt. Erzählen den Menschen von Gottes Zuwendung und Liebe. Diskutieren mit den Leuten. Da kommt es auch schon mal vor, dass ich als evangelischer Pfarrer eine katholische Position verteidige oder zumindest erkläre. Und andersrum. Theologisch sind wir sowieso ziemlich auf einer Wellenlänge: Wenn der eine eine Dialogpredigt entwirft, kann sich der andere da fast immer problemlos einfügen. So liebe ich Ökumene. So lebe ich sie schon immer.


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"gute" Atheisten und "schlechte" Christen Your browser does not support the audio element. Predigt_gute_Atheisten.mp3 Heiko Kuschel 4. September 2011 - 11:05

Predigt am 11. Sonntag nach Trinitatis 2011
Schonungen, 4.9.2011

Text: Mt 21, 28-32
Was meint ihr aber? Es hatte ein Mann zwei Söhne und ging zu dem ersten und sprach: Mein Sohn, geh hin und arbeite heute im Weinberg. 29 Er antwortete aber und sprach: Nein, ich will nicht. Danach reute es ihn, und er ging hin. 30 Und der Vater ging zum zweiten Sohn und sagte dasselbe. Der aber antwortete und sprach: Ja, Herr! und ging nicht hin. 31 Wer von den beiden hat des Vaters Willen getan? Sie antworteten: Der erste. Jesus sprach zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch: Die Zöllner und Huren kommen eher ins Reich Gottes als ihr. 32 Denn Johannes kam zu euch und lehrte euch den rechten Weg, und ihr glaubtet ihm nicht; aber die Zöllner und Huren glaubten ihm. Und obwohl ihr's saht, tatet ihr dennoch nicht Buße, so dass ihr ihm dann auch geglaubt hättet.

Liebe Gemeinde!

Als Citykirchenpfarrer habe ich ja hauptsächlich mit Leuten zu tun, die nicht gerade jeden Sonntag in die Kirche gehen. Seltsamerweise meinen aber viele von ihnen, sie müssten sich vor mir dafür rechtfertigen. Da kommen irgendwie immer die gleichen Argumente, die Sie vielleicht auch schon gehört haben. „Gott finde ich auch im Wald“ und „Sonntags will ich ausschlafen“ und natürlich „der Gottesdienst ist so langweilig, der sagt mir gar nichts.“


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Erwählt auf Hoffnung Your browser does not support the audio element. Predigt_erwaehlt_auf_Hoffnung.mp3 Heiko Kuschel 28. August 2011 - 11:13

Predigt am 10. Sonntag nach Trinitatis 2006/2011
Gochsheim, 20.8.2006; Schonungen, 28.8.2011

Text: Jes 62, 6-12: O Jerusalem, ich habe Wächter über deine Mauern bestellt, die den ganzen Tag und die ganze Nacht nicht mehr schweigen sollen. Die ihr den HERRN erinnern sollt, ohne euch Ruhe zu gönnen, 7 lasst ihm keine Ruhe, bis er Jerusalem wieder aufrichte und es setze zum Lobpreis auf Erden! 8 Der HERR hat geschworen bei seiner Rechten und bei seinem starken Arm: Ich will dein Getreide nicht mehr deinen Feinden zu essen geben noch deinen Wein, mit dem du so viel Arbeit hattest, die Fremden trinken lassen, 9 sondern die es einsammeln, sollen's auch essen und den HERRN rühmen, und die ihn einbringen, sollen ihn trinken in den Vorhöfen meines Heiligtums.

10 Gehet ein, gehet ein durch die Tore! Bereitet dem Volk den Weg! Machet Bahn, machet Bahn, räumt die Steine hinweg! Richtet ein Zeichen auf für die Völker! 11 Siehe, der HERR läßt es hören bis an die Enden der Erde: Saget der Tochter Zion: Siehe, dein Heil kommt! Siehe, was er gewann, ist bei ihm, und was er sich erwarb, geht vor ihm her! 12 Man wird sie nennen «Heiliges Volk», «Erlöste des HERRN», und dich wird man nennen «Gesuchte» und «Nicht mehr verlassene Stadt».

Liebe Gemeinde!

Ein schwieriges Thema haben wir am heutigen Sonntag. Früher, da war alles viel klarer und eindeutiger. Da gab es auch den Israel-Sonntag am 10. Sonntag nach Trinitatis. Aber die Texte, die an diesem Sonntag gelesen wurden, die waren noch andere. Da ging es eher um das Gericht über Israel. Darum, dass die Juden ihr Heil verwirkt haben, dass Gott sie straft. Der alte Predigttext für heute – vor 12 Jahren wurde vermutlich hier in dieser Kirche noch über ihn gepredigt – es war eine Stelle aus dem Römerbrief, wo Paulus davon redet, dass er lieber selbst an Stelle seiner früheren Glaubensbrüder und -schwestern verflucht sein möchte. Da konnte man sich gut darüber auslassen, wie die Juden ihre Erwählung verspielt haben, als sie Jesus, den Messias, den Gott ihnen geschickt hatte, ans Kreuz haben schlagen lassen. Dass sie vor Pilatus geschrieen haben: „Sein Blut komme über uns und unsere Kinder!“ Dass ihre Geschichte der letzten 2000 Jahre die gerechte Strafe Gottes sei.


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Wir müssen Hasi retten Heiko Kuschel 28. Juli 2011 - 13:02

 Suchbegriffe, die zur Citykirche führten

Angeregt durch Andrea Juchem und  Alexander von Halem, die diese Rubrik schon eine Weile pflegen, habe ich nun auch einmal die Statistik durchforstet. Da gibt es wirklich interessante Suchbegriffe, die auf unsere Website führen:

protokoll der letzten besprechung

Haben wir auf jeden Fall hier. Wenn Sie Ihres nicht mehr finden, nehmen Sie einfach unseres. Passt bestimmt auch irgendwie. Sind doch eh alle gleich und keiner liest sie.

bühnenelemente schweinfurt

Nein, verleihen wir nicht, sorry. Auch nicht, wenn man genau in dem Moment, in dem ich mich über diesen Suchtreffer wundere, noch bei mir anruft.

gootesdienst mittelalter

Ja, einen Mittelalter-Gottesdienst haben wir mal gefeiert. Und damals war Konrad Duden ja noch nicht geboren, also was solls.

neuss jülicherstrasse 13

Knapp daneben. Auch wenn ich im Studium immerhin mal eine Zeitlang im Kreis Neuss gewohnt habe.

siegfried bergel

Wir haben einen Siegfried Bergler und einen Stadtteil Bergl, der aber nicht nach ihm benannt ist. Bergel haben wir leider nicht im Programm.

wir müssen hasi retten

Ja, das finde ich allerdings auch. Unbedingt. Bin ich dabei. Aber Lausi bitte auch.

tragen menschen masken im neuen testament

Bei uns im MehrWegGottesdienst schon mal, ja. Im Neuen Testament bin ich überfragt.

wo gibt es blaue ampeln

In Mailand. Und in der Osterpredigt. Ansonsten mal Gerhard Schöne fragen, der hat ein Lied dazu gemacht.
 


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Eine andere Welt ist möglich! Your browser does not support the audio element. Eine_andere_Welt_ist_moeglich.mp3 Heiko Kuschel 21. Juli 2011 - 23:26

Ganz ehrlich: Bei allen Problemen, mit denen wir uns so herumschlagen – uns geht es doch wirklich ausgezeichnet. Kaum jemand in unserem Land weiß wirklich, was Hunger ist. Die Älteren, ja, die kennen das noch, aus der harten Zeit nach dem Krieg. Als viele Wohnungen zerstört waren, Familien auseinandergerissen, liebe Menschen tot oder vermisst. Und als es nichts zu Essen gab. Wassersuppe. Brotsuppe. Irgend etwas, was halbwegs essbar war, wurde damals gekocht und gegessen.

Doch selbst die, die die Zeit nach dem Krieg erlebt haben, können sich wohl kaum vorstellen, was im Moment in Ostafrika geschieht, speziell in Somalia, das nach 20 Jahren Bürgerkrieg völlig zerstört ist. Und nun kommt noch die große Dürre dazu, die praktisch die ganze Ernte zerstört hat. Ich möchte es auch gar nicht weiter ausmalen, wir können es uns, denke ich, vorstellen – oder eben doch nicht vorstellen, was da geschieht, denn da reicht alle Phantasie nicht aus.