Danke! Ich darf.
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Predigt_Danke-ich-darf.mp3
Heiko Kuschel
19. März 2012 - 10:31
Ansprache beim MehrWegGottesdienst „Danke! Ich darf“ - Schweinfurt, 18.3.2012
Eigentlich dachte ich ja, wir hätten uns diesmal zur Abwechslung ein einfacheres Thema rausgesucht. Aber wie unser Team so ist: Wir haben so viele Aspekte besprochen, so viele Gedanken dazu gehabt, dass wir in diesem Gottesdienst wieder nur einen klitzekleinen Ausschnitt unterbringen konnten. Schon allein dieser Titel. Der besteht aus drei Wörtern. Jedes davon wäre für sich ja schon ein eigenes Thema: Danke. Was heißt das eigentlich, dankbar zu leben? Wo macht sich das bemerkbar. Dann „Ich“. Wer bin ich eigentlich? Was macht mich aus? Was kann ich, was sind meine Träume und Sehnsüchte? Und natürlich „darf“. Darf ich wirklich alles? Ist alles erlaubt? Wo sind die Grenzen? Und wenn ich weiß, was ich kann und was ich will: Muss ich das wirklich alles leben, oder habe ich auch die Freiheit, eine Begabung einfach brach liegen zu lassen, weil mir andere Dinge wichtiger sind?
Wir haben im Team wirklich darüber diskutiert, ob nicht die nächsten drei MehrWegGottesdienste alle „Danke! Ich darf“ heißen sollen, und wir jedes Mal einen der Aspekte intensiv betrachten. Und dann im vierten MehrWegGottesdienst in diesem Jahr den Punkt am Ende.
Haben wir dann aber doch nicht gemacht – und uns die Freiheit genommen, einfach vieles wegzulassen. Uns auf ein paar Dinge zu konzentrieren. Viel „Ich“ war da heute dabei, weil wir glauben: Das ist erst einmal eine zentrale Voraussetzung dafür, das „Dürfen“ überhaupt annehmen zu können. Erst einmal muss ich tatsächlich wissen, wer ich bin. Was ich kann. Was ich will. Denn sonst macht Freiheit nur Angst. „Hier, du darfst alles tun und lassen, was du willst!“ - das kann nämlich auch eine fürchterliche Überforderung sein. So völlig ohne Halt, ohne Leitlinien, in die endlose Weite gestellt zu werden. Wir können heute viel mehr unserer Wünsche verwirklichen als früher. Aber das hat unser Leben auch viel komplizierter gemacht. Ich sage immer als Beispiel: Geh in den Supermarkt und kauf Kekse. Da gab's vor 50 Jahren vermutlich eine Sorte mit und eine ohne Schokolade. Heute ist man eine halbe Stunde damit beschäftigt, das Angebot zu sichten. Und kann nie sicher sein, ob man auch wirklich das beste rausgesucht hat, und das auch noch zum günstigsten Preis.
Bei den Keksen ist es nicht so schlimm, denke ich. Aber es trifft ja auf ganz viele Bereiche zu. Die Berufswahl, die Partnerwahl. Kinder ja oder nein. Eine gefährliche Operation ja oder nein. Freiheit ist anstrengend.
Ich denke, das ist auch der Grund, warum extremistische Gruppierungen so attraktiv sind. Egal, ob religiös, politisch oder sonst irgendwas. Da sagt einem sozusagen jemand, welcher Keks der beste ist. Und alle anderen sind fürchterlich schlecht. Darüber kann man dann sogar Kriege führen. Nehmen wir ein ganz harmloses Beispiel: Handys. Mein iPhone ist das beste, alles andere ist Mist. Nein, mein Samsung Galaxy kann viel mehr und ist überhaupt das supertollste. Also, diese Predigt wird gerade mit einem Samsung Galaxy aufgenommen, aber ein iPhone könnte das glaub ich auch. Aber es macht die Welt, die eh schon so kompliziert ist, einfacher, wenn man sich an solche einfachen, klaren Botschaften halten kann.
Wir Christen haben eigentlich auch eine ganz einfache, klare Botschaft. Sie lautet: Gott liebt dich, und Jesus ist für dich gestorben und auferstanden.
Punkt.
Das wars.
Da steckt alles drin.
Leider ist das eine Botschaft, die für die eigene Lebensgestaltung nicht so wahnsinnig viel weiterhilft. Da steht eben nichts davon, welches Handy das beste ist, ob dieser Partner zu mir passt, welchen Beruf ich ergreifen soll oder welche Kekse ich kaufen soll. Hätte Gott das alles nicht viel einfacher gestalten können? Hätte er vielleicht. Hat er aber nicht. Er hat uns ein paar Regeln mit auf den Weg gegeben, klar. Zehn Gebote und solche Dinge. Aber die sind ja eigentlich schon fast Binsenweisheiten, dass man etwa niemanden umbringen soll, nicht stehlen soll und solche Dinge. Nein: Gott mutet uns Freiheit zu. Gott will, dass wir sie nutzen.
Auch die Erzählung von der Erschaffung der Welt beschreibt, wie Gott nicht einen Zaun um den Baum der Erkenntnis zog, sondern Adam und Eva zwar sagte, was gut für sie ist und was nicht, ihnen aber letztlich die Freiheit gelassen hat. Nur mit den Konsequenzen mussten sie dann halt auch leben – das war die Vertreibung aus dem Paradies.
Gott mutet uns die Freiheit zu. Martin Luther hat dazu den berühmten Satz geprägt: „Ein Christenmensch ist ein freier Herr aller Dinge und niemandem untertan.“ Toll. Ich bin mein eigener Chef. Ich kann tun und lassen, was ich will. Nur, wenn ich verantwortungsvoll leben will, merke ich schnell, wo die Grenzen sind: Bei meinem Gegenüber. Wenn ich dem weh tue, ihm oder ihr etwas wegnehme, dann beeinträchtigt das auch mein eigenes Leben.
Gemeinsam geht es besser. Und darum hat Martin Luther noch einen zweiten Satz geschrieben, der nur auf den ersten Blick dem ersten widerspricht: „Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan.“ In dieser Spannung müssen wir leben, verantwortlich leben: Dass wir wirklich frei sind. Aber dass wir darauf achten müssen, dass unsere Freiheit nicht die Freiheit der anderen beschränkt.
Im Galaterbrief heißt es über die Freiheit: (Gal 5,1): Zur Freiheit hat uns Christus befreit! So steht nun fest und lasst euch nicht wieder das Joch der Knechtschaft auflegen!
Da geht's zwar eigentlich um die Frage, ob Christen sich beschneiden lassen müssen. Heute sind die Fragestellungen andere. Aber der Schluss, den Paulus einige Verse später zieht, gilt weiter: in Christus Jesus gilt weder Beschneidung noch Unbeschnittensein etwas, sondern der Glaube, der durch die Liebe tätig ist.
Der Glaube, der durch die Liebe tätig ist. Ich glaube, das ist ein gutes Motto für ein Leben in Freiheit. Ich kann alles tun. Ich darf alles tun. Aber die Liebe ist es, die mich dabei leitet. Ich glaube, so kann ein Leben gelingen.
Amen.